#4/2018 - Im Jahr 2007 veröffentlichte Uwe Rosenberg mit Agricola ein Aufbauspiel, welches sicherlich eines der bekanntesten Vertreter dieses Genre ist. Laut Wikipedia wurden über 400.000 Exemplare verkauft und die Variante als App erfreut sich im Store einer großen Beliebtheit.
In Agricola dreht sich alles um den Auf- und Ausbau eines Bauernhofes ungefähr zur Zeit des Mittelalters. Das "Original" ist ein Kennerspiel mit entsprechender Komplexität. Mit mind. 30 Minuten Spielzeit pro Spieler für Familien sicherlich eine (zu) große Hürde. Da trifft es sich wunderbar, dass es eine "Familien Edition" gibt, welche deutlich vereinfacht wurde. Leicht ist es aber deswegen noch lange nicht - und ist trotzdem jetzt zu einem unserer absoluten Lieblingsspiele avanciert.
Darum geht´s:
Wir starten mit einem kleinen Bauernhof aus zwei Räumen in einfacher Holzausführung. Dazu haben wir zwei Personen, also Bauern und Bäuerin. Fertig. Und nun haben wir 14 Runden Zeit unseren Hof zu vergrößern und dabei auch unserer Familie Zuwachs zu ermöglichen. Jede Runde schicken wir unsere Bauernfamilie (genannt gerne Arbeiter/Worker, daher nennt sich die Spielmechanik auch "Workerplacement") auf verschiedene Aktionsfelder, die dafür sorgen das wir neue Rohstoffe sammeln, Felder und Gebäude bauen oder Tiere einsammeln, welche wir auf unsere Felder schicken.
Zwischen einigen bestimmten Runden gibt es Ernte-Phasen, welche uns mit Weizen von unseren Feldern und Nachwuchs für unsere Tiere belohnen. Allerdings müssen wir auch alle unsere Familienangehörige mit Nahrung versorgen. Am Ende von 14 Runden geben unsere Personen, Tiere, Gebäude und Felder dann Siegpunkte.
Verpackung, Material & Aufbau:
Die Box kommt handlich daher und darin finden sich ein schönes Spielbrett mit unterschiedlichen Anbauleisten (je nach Anzahl der Spieler verändert sich dadurch der linke Brettspielrand). Dazu gibt es sehr viele Felder aus Pappe (Weide, Felder, Räume, Gebäude), aber erfreulicher Weise auch sehr viele Rohstoffe aus Holz. Dazu die Spielfiguren.
Das Material lässt sich in den reichlich beigefügten Zip-Beuteln verstauen, wenn man wirklich alle Ressourcen und Marker einzeln sortiert haben will braucht man aber noch 2-3 Tütchen mehr. Dann aber lässt sich alles gut in der Box verstauen. Darin gibt es zwar keine Inlays, aber alle Beutel passen gut in die Box und diese ist dann aber auch wirklich voll.
Der Aufbau geht dann auch recht flott von statten: Das Spielbrett um die richtige (der Spieleranzahl angepasste) Seitenleiste ergänzen, alle Ressourcen in schöne kleine Haufen neben dem Spielbrett ansortieren, den Rundenmarker auf die 1 positionieren und jeder startet mit zwei (von maximal 5) Personen (oder "Arbeiter"), zwei Nahrungsrationen und einem kleinen Bauernhaus aus zwei Holzräumen.
So spielt es sich:
Agricola ist ein schönes "Workerplacement". Jede Runde kann jeder Spieler seine Arbeiter (hier die Bauernfamilie) auf bestimmte Felder schicken. Dort erledigen sie dann bestimmte Aufgaben oder ermöglichen bestimmte Aktionen.
Das zentrale Spielbrett erlaubt dabei eine Reihe von Aktivitäten, welche allerdings pro Runde nur von einem Arbeiter besucht werden können - ist das Feld bereits durch einen anderen Spieler besetzt, ist die Aktion diese Runde nicht möglich. Achtung: Genau hier liegt eine der Haupt-Herausforderungen, denn es muss schon gut geplant werden was gemacht werden soll und man braucht immer einen sinnvollen Plan B, falls die angedachten Aktionsfelder bereits besetzt sind. Nur in der Solo-Variante kann man recht frei planen.
Es gibt Aktionsfelder welche uns mit Rohstoffen versorgen (Lehmziegel, Schilf, Holz, Weizen oder Tiere: Schafe, Kühe, Wildschweine). Außerdem kann man auch Nahrungsrationen angeln. Ein weiteres Feld ermöglicht es einem, nächste Runde Startspieler zu sein. Wichtig, wenn man unbedingt eine ganz bestimmte Aktion benötigt.
Weitere Felder erlauben den Anbau von Feldern, das Aussähen von Weizen oder auch die Vermehrung unserer Familie, also mehr Arbeiter. Das ist wichtig, denn jeder Arbeiter = eine Aktion pro Runde. Verzichtet man auf die Arbeiter, ist man einfach ziemlich eingeschränkt. Dennoch: Hier bei uns gewinnen regelmäßig auch Spieler, welche nicht alle möglichen fünf Arbeiter nutzten.
Spannend gemacht ist die Tatsache, dass pro Runde weitere zusätzliche Aktionen möglich werden. In Summe stehen am Ende gut 25 verschiedene Aktionen zur Verfügung, wobei einige allerdings nur einmalig im Spiel möglich sind (der Bau bestimmter Gebäude).
Und so erweitern wir jede Runde unseren Hof. Zu Beginn gilt es überhaupt erst einmal eine Kochstelle zu erbauen, damit die Versorgung der Familie gesichert ist. Es werden Felder angebaut und Weizen gesäht, auf Weiden kann Vieh gehalten werden. Gerade Vieh ist wichtig, denn es bringt sowohl recht sicher Nahrung als auch am Ende deutlich Punkte.
Zwischen einigen Runden gibt es Ernte-Phasen. Hier können wir Weizen von Feldern ernten und unsere Tiere vermehren sich. Aber auch müssen wir unsere ganzen Arbeiter mit Nahrung versorgen. Gelingt dies nicht, müssen wir Betteln und erhalten Bettelmarker, welche am Ende Siegpunkte kosten.
Unser Fazit:
Das Spiel macht richtig, richtig Spaß ! Es ist zwar ein Spiel gegeneinander - denn man streitet sich um einige Aktionsfelder und am Ende gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten, ABER: Es spielt sich auch wie ein schönes Aufbauspiel wo jedes Familienmitglied seinen kleinen eigenen Hof gestaltet.
Dabei ist das Spiel spannend, denn gerade in der ersten Hälfte des Spieles muss für die Nahrungsversorgung gearbeitet werden. Das macht Laune und setzt die Spieler unter Druck. Die zweite Spielhälfte dient dann dazu, seinen Hof ideal auszubauen, besondere Gebäude zu errichten (welche zusätzliche Siegpunkte ermöglichen können) und noch die ein oder anderen Felder und Räume anzubauen. Räume, Arbeiter, Tiere, Weizen (auf Feldern!) und ggf. noch weitere Rohstoffe (je nach dem, ob man bestimmte Gebäude gebaut hat) bringen die Siegpunkte. Das wird bei uns regelmäßig sehr knapp und dies ist ein Zeichen für eine sehr ausgeglichene Mechanik. Und auch im Solospiel macht Agricola Laune, denn man tüftelt gerne über z.B. die ersten Spielzüge und wie man diese optimiert.
Das meint Torsten: "Danke für diese Familien-Edition. So kann ich langsam die Familie von klassischen Kinderspielen oder sehr einfachen Varianten (wie Stoneage Junior) langsam auf komplexere Spiele einstellen. Agricola bedient sich dabei einem tollen, stimmungsvollem Setting und macht Laune ohne zu großen Frustfaktor"
Das meint Alex: "Kennerspiele sind mir eigentlich deutlich zu komplex. Agricola in der Familien Edition ist für mich akzeptabel, denn die ca. 60 Minuten, welche wir pro Spiel brauchen, sind erstaunlich kurzweilig. Die Kinder werden gezwungen zu planen und mit ihren Rohstoffen zu haushalten. Das fällt Lara natürlich deutlich leichter als Linus, welcher hier und da noch mal einen Tipp braucht"
Das meint Linus (6): "Sehr gerne baue ich meinen Bauernhof aus, dabei sammel ich vor allem gerne Tiere."
Das meint Lara (11): "Agricola gefällt mir sehr gut. Es hat wieder einen Aufbaucharakter, welchen ich sehr gerne mag. Das Spiel erinnert mich irgendwie an Sims und ich kann meine kleine Familie und ihren Bauernhof ausbauen und mit Räumen und Feldern erweitern."
Unser Familien-Rating (1-6, Schulnotensystem): 1-
Altersempfehlung: ab 12+ (7+ mit Hilfe)
Spieler: 1-4
Preis: ca. 20€ (Achtet auf die Angebote um die 19€, dafür bekommt ihr eine erstklassiges Spiel!!)
Anleitung: Note 2 *Gut erklärt.
Aufbau: Note 1-2 *Brett auslegen, Rohstoffe verteilen, jeder bekommt seine Startplättchen und zwei Arbeiter - auf geht´s!
Material: Note 1-2 *Stabile Pappe und fast alles an Material ist aus Holz. Das macht Laune und fühlt sich gut an.
Spielerlebnis: Note 1-2* Ein sehr gelungenes Aufbauspiel mit schöner Mechanik des Workerplacements, aber eben in einer einfachen Variante. Tolles Thema, welches Jungs und Mädels gleichermaßen anspricht. Es geht um einen Hof, Kochstelle, Tiere ... das passt.
Frustgefahr: Note 2 *Erstaunlich gering. Natürlich gibt es schon mal Streit um bestimmte Aktionen. Aber nur der Perfektionist ist traurig/wütend wenn etwas in einer ganz bestimmten Runde nicht geht. Ist man nicht ganz so verbissen, dann wird eben mal eine Runde später der Anbau fertig.
Wiederspielwert: Note 1-2 * Die Dauer (wir spielen immer so rund eine Stunde) ist schon grenzwertig. Aber es gibt kaum Wartezeiten (Downtime) für die Spieler, da die Arbeiter immer recht schnell gesetzt werden und man dazwischen schon fleissig am knobeln ist, was man als nächstes macht. Und selbst alleine macht es eine Menge Spaß wenn man versucht doch noch mal 2 Punkte mehr als im letzten Spiel zu bekommen!
Fotogallerie: